Überlingen – Zehn Gesellinnen und ein Geselle
im Friseurhandwerk – so wenige wie noch nie – feierten im Haus der
Kreishandwerkerschaft in Friedrichshafen ihren Lehrabschluss und die
bestandene Prüfung. „Es handelt sich um die farbigste und schickste
Verabschiedung in den den Gesellenstand“, begrüßte Geschäftsführer
Georg Beetz. Anlass zur Sorge würde jedoch die geringe Zahl an Abschlüssen
geben. „Wer soll bei elf neuen Friseuren im ganzen Bodenseekreis künftig
die Haare schneiden?“, fragte er.
Hintergrund sei neben der demografischen Entwicklung der Trend zur
gymnasialen Ausbildung und zum Studium. „Ich bin aber davon überzeugt,
dass es viele junge Menschen gibt, die ganz praktische Talente
haben“, so Beetz. Völlig zu Unrecht würden die Friseure in die
Ecke des Billiglohns gedrängt. Dies bestätigte Obermeisterin Annette
Beine: „Entgegen kursierender Meldungen ist der Gesellenlohn in
Innungsbetrieben gut und liegt über dem Mindestlohn.“ Den
Absolventen gratulierte die Obermeisterin zur bestandenen Prüfung und
wünschte alles Gute für die Zukunft. Kein Handwerksberuf sei so
kreativ und interessant wie der Friseurberuf. Er erfordere jedoch eine
ständige Weiterbildung. „Aber zufriedene Kunden machen stolz“,
weiß Beine und wünschte den Junggesellinnen den notwendigen Ehrgeiz,
weiter an sich zu arbeiten. Zum Beispiel öffnet der Meisterbrief das
Tor zur Selbstständigkeit. Aber auch Kosmetik- oder Wellnessbereich
bieten interessante Perspektiven.
Karl-Heinz Götz und Thomas Mattes von den Prüfungskommissionen in
Friedrichshafen und Überlingen nahmen die Ergebnisse in den Blick.
„In der Theorie wurden im Gegensatz zur Praxis keine guten
Leistungen erbracht“, sagte Götz angesichts der Bestnote von 2,6 im
Prüfbezirk Friedrichshafen. Sechs Teilnehmerinnen haben das Ziel
nicht erreicht. „Das ist ungewöhnlich
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viel.“ Im Bezirk Überlingen haben alle fünf
Friseur-Azubis mit einem Gesamtdurchschnitt von 2,3 bestanden. „Aber
nun geht eine Ära zu Ende“, sagte Thomas Mattes. So ist eine
Konsequenz des Azubi-Rückgangs im Friseurhandwerk, dass es künftig
keine Friseurklasse mehr an der Jörg-Zürn- Gewerbeschule in Überlingen
geben wird. Alle Friseur-Azubis im Bodenseekreis werden nun in
Friedrichshafen die Schulbank drücken.
Studiendirektor Paul Baur aus Überlingen bescheinigte den
Friseurgesellen beste Perspektiven: „Die Arbeit wird in diesem
haarigen Beruf nicht ausgehen und man wird Sie als kreative
Beauty-Profis schätzen.“ Das können die jungen Friseurgesellinnen
bestätigen. „Ich habe eine Bewerbung geschrieben und direkt eine
Stelle gefunden“, verriet Selma Tunckiran aus Überlingen. Claudia
Schulz hat mehrere Bewerbungen abgeschickt. Aber nur, damit sie sich
die Stelle aussuchen konnte. „Ich habe mich für den Salon mit dem
besten Arbeitsklima entschieden“, so die Meersburgerin.
Annette Beine dankte allen Lehrern, den Ausbildern und der Prüfungskommission.
Georg Beetz besonderer Dank galt den Ausbildungsbetrieben, die nicht
nur einen wertvollen Beitrag für die Gesellen, sondern auch für die
Wirtschaft leisten. „Schneidet auch künftig immer gut ab“, gab er
den jungen Friseuren mit auf den Weg.
Die Absolventen
Prüfbezirk Friedrichshafen: Jacqueline Bürkle,
Michelle Lenart, Merzuha Özdemir, Patricia Peter, Heike
Rundel und Leonie Seidl.
Prüfbezirk Überlingen: Maria Eindorf (Preisträgerin
mit Note 1,9), Nadja Frei, Pietro Ricciardi, Claudia Schulz
und Selma Tuckiran |
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